Berlin – Mit einem Schweinestall verbinden wohl nur die wenigsten Menschen angenehmen Lavendelduft. Bei Landwirtin Gabriele Mörixmann steht das jedoch auf der Tagesordnung – und zwar nicht für sie selbst, sondern für ihre 700 Schweine. Die Aromatherapie ist Teil ihres Tierwohl-Programms.
Der Trend in Deutschland geht immer mehr hin zu Bio und Fleisch aus artgerechter Haltung. Im Aktivstall von Mörixmann leben die Schweine in einer Großgruppe. Es gibt über zwölf verschiedene Bereiche mit unterschiedlichen Untergründen, Möglichkeiten zum Wühlen, Buddeln, Duschen, Baden, Scheuern – und Entspannen. Denn seit kurzem testet die Landwirtin – oder vielmehr ihre Schweine – einen speziellen Duftdiffusor im Stall.
Ein „duftes Kästchen“
Die Idee des Geräts stammt vom Jungunterehmer Victor große Macke. Für sein Start-up „Farmerscent“ erhielt er bereits den „German Agri Start-up Award“ bei der Osnabrücker „innovate!“. Für die Beduftung sind spezielle Kartuschen notwendig, die reines ätherisches Öl enthalten. Über einen Computer können schließlich Dosierung und Zeiten eingestellt und gegebenenfalls angepasst werden.
„Wir haben das Gerät in einem der Bereiche eingebaut, damit die Tiere frei wählen können, ob sie schnuppern wollen oder nicht“, erklärt sie. Außerdem läuft der Diffusor nur zweimal am Tag für einige Stunden und nicht dauerhaft. „Die Zeiten kann man selbst programmieren, ebenso wie die Dosierung.“ Zu Beginn habe sie gemerkt, dass der Diffusor zu stark eingestellt war. Die Schweine zogen sich eher aus dem Bereich zurück.
Alle Rüssel gehen hoch
Seit die Dosis der Öle reduziert wurde, haben die Tiere jedoch Gefallen an der „Duftecke“ gefunden. „Die Schweine mögen das! Weil sie eine sehr feine Nase haben, muss man allerdings ein wenig rumprobieren“, erläutert Mörixmann. „Mittlerweile kommen sie extra angelaufen und halten die Rüssel in die Luft. Sie sind wirklich interessiert.“ Beim Einsatz der Duftstoffe gehe es nicht um Überdeckung des typischen Stallgeruchs, sondern vielmehr um das Wohl und die Entspannung der Tiere. „Die sind wirklich chillig“, lacht sie. Im Winter könne in den Diffusor auch eine spezielle Kartusche mit Eukalyptus-Minze-Duft eingesetzt werden, welche Infekten vorbeugen kann.
Für Mörixmann ist die Transparenz ihres Aktivstalls ein wesentlicher Faktor, neben dem Beschäftigungs- und Bewegungsangebot für die Tiere. Der Stall kann von Interessenten gern besucht werden, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Doch das Tierwohl-Projekt hat auch seine Hürden. Neben der Genehmigung mussten erstmal Partner gefunden werden, die die Tiere separat schlachten und das Fleisch getrennt weiterverarbeiten. Auch die Lieferung und Aufzucht von Ringelschwänzen sei schwierig.
Beim Verkauf der Ware komme ein weiteres Problem hinzu: „Im Ausland ist das Thema Tierwohl noch nicht so präsent“, erklärt Mörixmann. Daher müsse das Fleisch komplett in Deutschland verkauft werden. Wichtig ist auch hier wieder die Transparenz, die den Stall von anderen Tierwohl-Projekten unterscheide: „Uns ist es wichtig, auch die Verkäuferinnen zu schulen – die sollen wissen, was wir machen, und das auch weitergeben können.“ Denn in Supermärkten herrsche heutzutage ein regelrechter „Label-Dschungel“, der sehr unübersichtlich ist.
„Was möchte der Kunde?“
Es liegt, wie immer bei gutem Wetter, etwas in der Luft. Der Geruch von Röstaromen, von Gegrilltem. Im Garten, auf dem Balkon, auf Grillplätzen wird Fleisch, Geflügel, Fisch, Gemüse über dem Feuer gewendet. Was aber macht Qualität aus? Welches Fleisch ist das Beste? Und ist Bio ein Garant oder nur gerade angesagter Lifestyle. Wir haben die unterschiedlichsten Fachleute befragt. Einen Metzger und Spitzenkoch, einen Bauern vom Geflügelhof, einen Filialleiter vom Supermarkt, eine Pionierin in Sachen Bio-Fleisch und eine Schweinezüchterin der anderen Art
Gabriele Mörixmann
Gabriele Mörixmann traut man nichts Böses zu! Sie lacht gerne und für sie scheint die Welt als Schweinezüchterin heiterer zu sein als bei den meisten anderen. Sie hat in ihrem Familienbetrieb einen sogenannten Aktivstall realisiert. Rund 700 Schweine wachsen in – wie sie sie bezeichnet – „Wohnzimmern“ auf, das sind Höhlen oder Buchten aus Strohballen. Sie tummeln sich in einer sogenannten Beschäftigungswelt, können, wenn sie Lust haben, duschen – deshalb sehen Mörixmanns Schweine auch so rosig aus wie aus dem Bilderbuch. Sie können sich aber auch suhlen. Schweine können nicht schwitzen, deshalb ist das ein Muss für das Wohlbefinden der Tiere.
Mit ihrem Vater hätte sie lange diskutiert, was man für normale Menschen, also bezahlbar, aber trotzdem nachhaltig und qualitativ hochwertig, produzieren kann. Dabei geht es ihr immer um die Frage, was möchte der Kunde? Mörixmann ist entgegen gängiger Vorstellungen der Meinung, dass jegliches Haltungskonzept in Deutschland gut kontrolliert ist, nur die Kommunikation nach außen oft noch verbesserungswürdig sei. „Wir Bauern und Züchter wissen, wie es funktioniert und haben über Generationen Erfahrungen gesammelt. Wir müssen sie umsetzen und transparent machen.“
Neben Transparenz und Nachhaltigkeit ist ihr die Zusammenarbeit mit ausgesuchten Partnern wichtig. Sie hat lange gesucht bis sie den richtigen Schlachthof gefunden hat. Wichtiges Kriterium: Die Behandlung der Mitarbeiter. „Das spürst du sofort, wenn du auf dem Hof ankommst. Du wirst begrüßt, sie führen einen gerne herum, zeigen alles und bekommen als Angestellte mehr als den Mindestlohn. So wie du Menschen behandelst, so gehst du auch mit Tieren um.“ (emh)
Aktivstall für Schweine
Dratumer Straße 9, 49326 Melle, Tel. +49 5409 989 456, www.aktivstall-fuer-schweine.de
Exkursion zum Schweinestall
Letzte Woche haben die Erdkundekurse der Q1 sich genauer angesehen, wo unsere Schnitzel wachsen. Bei der Besichtigung des Aktivstalls Mörixmannn in Hilter erfuhren die Schüler nicht nur viel Wissenswertes rund um die verschiedenen Haltungsstufen für Schweine, sondern auch etwas über die komplizierten Regelungen und Vorgaben für Landwirte überhaupt. Sehr anschaulich erklärte Gabriele Mörixmann, dass es gar nicht so einfach ist, den Tieren, die wir für unsere Ernährung nutzen, ein angenehmes und dem Tierwohl gerechtes Leben zu ermöglichen. Für die beste Haltungsform, Stufe 4 Premium, hat der Aktivstall den Tieren mehr Platz, verschiedene Bereiche und Beschäftigungsmaterial eingerichtet.
Wie sieht das genau aus? Das konnten wir in unseren Schutzanzügen dann mit eigenen Augen sehen, hören und natürlich riechen. Die Tiere begrüßten uns freundlich und neugierig. Es war erstaunlich ruhig im Stall bei immerhin 700 Tieren. Als auch die allerletzte Frage kompetent beantwortet war, machten wir uns mit Bus und PKW auf den Weg zurück in die Schule. Ob die Mitschüler wohl eine Prise Stallduft an den Q1-Schülern schnuppern konnten? Einstimmig waren die Erdkundler der Ansicht, die Exkursion war die Duftnote allemal wert.
Text: Henrike Ludwig
Start des Rundgangs war der mit viel Stroh ausgelegte Lauf- und Spielstall. Hier hatten die Schweine die Möglichkeit zu rennen, zu spielen, zu toben oder auch zu ruhen. Die Lebhaftigkeit und auch Entspannung war den Tieren sichtlich anzusehen. Frau Mörixmann gab allen Besuchern umfangreiche Informationen über ihren Aktivstall und stand für jegliche Fragen gerne zur Verfügung.
Im Aktivstall von Familie Mörixmann leben ca. 850 Schweine. Vor 8 Jahren haben sie begonnen, die alten Stallungen umzubauen und verschiedene Stallbereiche anzulegen, die je nach individuellem Bedarf des einzelnen Tieres genutzt werden kann. Verschiedene Ein- und Ausgänge ermöglichen es jedem Tier, sich entweder in der großen Strohhalle oder in den Fressbereichen, den abgedunkelten Ruhebereichen, Wühlbereichen, Spielbereichen oder auf eine der Außenterrassen aufzuhalten. Schön zu sehen war selbstverständlich auch, dass alle Schweine ihre Ringelschwänze hatten. Frau Mörixmann teilte mit, dass die Eber-Kastrationen beim Ferkelerzeuger ausschließlich unter Vollnarkose stattfinden. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass den Tieren viel Liebe und Achtsamkeit entgegengebracht wird.
Auch als das Thema Schlachtung ins Gespräch kam wurde klar, dass Frau Mörixmann auch hier ihren Kooperationspartner mit Bedacht gewählt hatte. Ein respektvoller Umgang mit dem Tier und ein möglichst stressfreier Transport sowie Schlachtung steht im Vordergrund.
Wege der Vermarktung wurden ebenfalls von Frau Mörixmann aufgezeigt, so dass am Ende das Fazit aller Teilnehmer lautete: Ein gesunder Kreislauf, der in erster Linie das Tierwohl in den Vordergrund stellt.
Am Abend fand sich die Gruppe dann noch einmal zusammen. Ein Austausch des Erlebten sowie weitere Aktionen und Möglichkeiten zum Wohle der Tiere in Kooperation mit Landwirten und weiteren Partnern wurden besprochen und erarbeitet.
(Quelle: www.Aktivstall-fuer-Schweine.de)
http://nabu-kv-st.de/newsReader/aktivstalls-fuer-schweine-in-hilter.html
Auszeichnung für „Gedanken einer Schweinemästerin“
Die Landwirtin Gabriele Mörixmann bietet ihren Schweinen Stroh und Auslauf an frischer Luft, obwohl sie dafür mehr Zeit und Geld investieren muss als in einen durchschnittlichen Schweinestall. Oda Lambrecht hatte die Mästerin in der Sendung Panorama 3 portraitiert. Für den Beitrag „Gedanken einer Schweinemästerin“ wurde sie nun von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit dem ersten Preis des Journalistenwettbewerbs ausgezeichnet.
Sorgen einer Landwirtin, die in bessere Schweinehaltung investiert
Die Schweinehalterin Mörixmann aus der Nähe von Osnabrück erklärt in dem Beitrag ein Dilemma, das viele Landwirte kennen: Sie spricht über ihre Sorge, dass viele Verbraucher sich zwar mehr Tierwohl wünschten, am Ende aber nicht dafür zahlen wollten. Wenn niemand ihr Fleisch kaufe, müsse sie zum Beispiel die Strohabteile wieder dicht machen, so Mörixmann, auch wenn es ihr das Herz brechen würde.
Der Beitrag lief am 9. Mai 2017 bei Panorama 3 im NDR Fernsehen. Auf der Facebookseite von Panorama wurde das Video seither rund 3,8 Millionen Mal aufgerufen. Die Redaktion hatte Grit Fischer. Der Journalistenpreis der Landwirtschaftskammer Niedersachsen wird alle zwei Jahre verliehen. In diesem Jahr wurde er im Beisein der neuen niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) während der Kammerversammlung in Oldenburg überreicht.
Ihr Kontakt zu uns:
Gabriele Mörixmann
Eppendorfer Weg 2
49176 Hilter
Tel: 0151-55889036
Email: info@aktivstall-fuer-schweine.de
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